Mozart: „Herr Möricke ich habe Ihre Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag“ gelesen. Im Grundprinzip finde ich Ihre Beschreibung meines Lebens sehr gelungen, nur frage ich mich, weshalb Sie den Schwerpunkt des Textes auf die Natur beziehen und nicht stärker auf die Musik?“
Mörike: „Ich habe zwar versucht Ihre Charakterzüge zu berücksichtigen, jedoch weist, wie Sie bemerkt haben, der erfundene Teil Ihrer Biographie große Unterschiede zu Ihrer wirklichen Biographie auf. Ich lebe zur Zeit des Biedermeiers, was sich aus meiner Novelle herauslesen lässt. Ich beschäftige mich mit Natur und Familie, weniger mit politischen beziehungsweise gesellschaftskritischen Themen. Auch die Form der Novelle setzt einen Teil Ihres Lebens und Ihren Charakter anders in Szene, als eine normale und überwiegend sachliche Biografie. Finden Sie es schlecht, die Natur in den Vordergrund zu rücken?“
Mozart:„Eigentlich spielt die Natur keine große Rolle für mich. Ich sehe sie mehr als Metapher für meine musikalischen Vorstellungen. Oft bin ich so versunken in die Musik, dass ich durch einen Garten laufe und nichts um mich herum mitbekomme, als die Musik in meinem Kopf. Die Musik ist bei mir einfach allgegenwärtig im Gegensatz zu der Natur, die ich oft unbewusst ausblende. Dies ist nicht immer gut, das ist mir bewusst, denn es rechtfertigt nicht meine auf Grund von meiner Versunkenheit falschen Handlungen. Ihren geschriebenen Teil mit meiner Entschuldigung an die Gräfin finde ich sehr gelungen und passend, da es meiner Meinung nach wichtig ist sich seine Fehler einzugestehen und sie zu begleichen. Trotz Ihrer erfundenen Handlung, finde ich meine Charakterzüge treffend dargestellt.“ |
Vormärz-Anzeiger: „Ihre Forderung nach Freiheit geht besonders aus ihrem Gedicht „Im Turme“ hervor. Beziehen sie dieses Gedicht auch auf sich selbst?“
Hülshoff: „Das tue ich. Tatsächlich lebe ich sehr zurückgezogen und kann viele Dinge, die ich gerne unternehmen würde nur in meinen Träumen erleben. Das Schreiben stellt eine große Befreiung für mich dar.“
Vormärz-Anzeiger: „Wie stehen sie persönlich zu der Figur des „Biedermeiers“? Finden sie es gerechtfertigt, den deutschen so darzustellen? Und wie schätzen sie ihre Chancen in der aktuellen politischen Lage für die Befreiung der Frau ein?“
Hülshoff: „Nun, ich denke, dass es nur gerecht ist, dem Bürger seine eigene Feigheit vorzuhalten. Viele Frauen stehen ebenfalls zum Nationalgedanken, aber es sind die Männer, die etwas verändern müssten, wir Frauen können aus unserer jetzigen Lage heraus nur schwer etwas erreichen. In gewisser Hinsicht würde ich den „Biedermeier“ als Kritik an unserem Patriarchat sehen, welches sich aus unserem politischen System ergibt.“
Vormärz-Anzeiger: „Vielen Dank für das Gespräch.“
Frau Droste-Hülshoff ist durch ihre hohe Geburt eine große Ausnahme in der Literaturwelt. Viele ihrer Kolleginnen können ihren Erfolg, wenn überhaupt, nur im Stillen genießen. Die moderne Gesellschaft sieht sich in jüngster Zeit immer öfter an den Rand einer wichtigen Entscheidung gedrängt. Die prekäre Frage, ob Frauen auf gewissen Ebenen dem Mann gleichgestellt werden sollten, bis hin zur völligen Emanzipation ist ein viel diskutiertes Thema. Es stellt sich die Frage, welcher Nutzen sich aus so einer neuartigen Situation ergäbe. Kann ein emanzipiertes Land sich gegenüber anderen Nationen besser behaupten?
Der „Ingelheimer Kurier“ lädt ein zu einer angeregten Diskussion zu diesem Thema. Am 08. 04. in der alten Markthalle, Ingelheim.
Unser Korrespondent in Westfalen hat sich mit einer der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen unserer Zeit getroffen. Bei bestem Wetter und Zitronenplätzchen gab sie uns ein Interview, der Schwerpunkt der Unterhaltung lag auf dem Frauenbild unserer Zeit.
Vormärz-Anzeiger: „Frau Droste-Hülshoff, sie sind eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen unserer Zeit und sehr erfolgreich mit ihren Werken. Wie kommt es, dass sie insbesondere die Rolle der Frau in unserer modernen Gesellschaft thematisieren?“ Hülshoff: „Frauen nehmen in unserer Gesellschaft eine zu niedrige Stellung ein, was daraus herrührt, dass man ihnen fast nichts zutraut. Viele der Bürgerlichen Schriftstellerinnen müssen ihre Werke daher nach wie vor unter Synonymen veröffentlichen, da sie sonst boykottiert werden könnten. Frauen die schreiben oder politisches Gedankengut äußern werden ohnehin bestenfalls belächelt.“ |
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